Bus nach München. Vielleicht. Eine Weihnachtsgeschichte. Vielleicht.

Stelle ich mir mal vor, so. Dass ich vielleicht meine Verwandten in München besuchen will. Meine Eltern vielleicht. Meinen kranken Vater vielleicht. Hat vielleicht Krebs. Also mal hin kurz vor Weihnachten.
Das Geld vielleicht geliehen. Reichte für ein Busticket mit Meinfernbus. Oder einen Gutschein geschenkt bekommen, von der Freundin. Vielleicht. Für Meinfernbus. So grüne Busse. Bequeme Sessel. Mit Kaffee an Bord, unlimited für 1,50. Und Klo.
Jedenfalls.

Bus fährt pünktlich ab. Bequem. Riecht auch nicht komisch. Komisch aber der Typ vor mir. Hat schlechte Laune, weil er mobil nicht bloggen kann. Egal. Nach einer halben Stunde runter zum Kaffee. Soll fair Trade sein. Laut Infoblatt im Netz an der Rückenlehne vor mir. Maschine ist an. Keine Becher, aber. Tja. Egal. Wieder hoch.
Dösen.

Noch mehr als sechs Stunden. Mindestens. Vielleicht. Nach einer halben Stunde zum Klo. Kleine Tür. Steht nichts dran. Gibt sonst aber nur den Ausgang. Drehknopf. Klar, der an der kleinen Tür. Dreht sich nicht. Warte zehn Minuten. Fünfzehn. Trotz keiner Anzeige, ob besetzt ist. Den Fahrer lieber nicht fragen. Fährt ja. Egal. Gleich erster Halt. Wieder hoch.
Der vor mir flucht. Hat Luxusprobleme. Wlan geht nicht. Wenn, nur kurz. Und langsam. Kann er eben nicht Dr. Who gucken auf seinem Luxuspad. Wieso fährt der überhaupt Bus. Egal.
Dösen.

Abfahrt. Bus hält. Müncheberg oder so. Mal frische Luft schnappen, kurz. Der vor mir steigt auch aus. Geht zum Shop. Kaffee kaufen, wahrscheinlich. Andere steigen auch aus. Raucher. Alte Leute. Noch älter als der vor mir. Junge Studentinnen. Kein Geld für den Flug. Kein Mut für die Mitfahrzentrale.
Vielleicht freue ich mich auf ein Wiedersehen mit meinen Eltern. Zu Weihachten. Sie wohnen nicht in Berlin, vielleicht. Es geht Ihnen nicht gut.

Jemand fragt mich auf einmal nach dem Ausweis. Ein Polizist. Ein anderer Uniformierter fragt eine Mutter. Mit ihrem Sohn. Sie sehen aus, als ob sie aus Rumänien kommen. Oder Albanien. Oder so. Sie zeigen ihre Papiere. Dem Polizisten. Der eine Frau ist, wie ich jetzt erkenne, mit blonden Haaren. Sie fragen mich, ob ich die Erlaubnis zum Verlassen von Berlin habe, und reden über Handys oder Walkietalkies mit jemandem irgendwo, und die Mutter und der Sohn steigen wieder in den Bus, in der vom Sitz vor mir kommt aus dem Laden, mit einem Latte Macchiato, und redet mit dem Busfahrer, und der drückt ihm einen Euro in die Hand, ich sehe es genau, vielleicht wegen der Kaffeemaschine, während irgendeine Stimme aus den Geräten quäkt und die Polizisten mich bitten, mein Gepäck aus dem Bus zu holen, und ich gehe hoch und hole meine Tasche, und ich werde begleitet von zwei Männern ohne Uniform, die plötzlich irgendwoher aufgetaucht sind, und der auf dem Sitz vor mir guckt etwas überrascht, will etwas sagen, tut es aber nicht, und er sieht, wie der Afroamerikaner vom Platz hinter ihm den Bus verlässt, und dann, wie jemand von weiter hinten sich auf den jetzt freien Platz setzt und sich darüber freut, und dann, schnell, fährt der Bus weiter. Bus by Molten Brain Die Kaffeemaschine ist jetzt aus, es gibt immer noch keine Becher, der neue Fahrer hat einen östlichen Dialekt, aber er wurde nicht kontrolliert, und auch sonst niemand, der deutsch aussieht, und es gibt keinen Stau, kein Wlan, die Leute dösen, und der Bus kommt pünktlich, fast, in München an, und vielleicht warten der kranke Vater und die Mutter noch eine Weile auf ihren Sohn, der dann doch noch nach München kommen wollte, zu Weihnachten, bevor sie zurück gehen, vielleicht, in ihre Unterkunft.

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